Z00191 Der natürliche Geist ist der Weg. (Sommer-Sesshin 27.06.2023)

Anhand einer Schrift des Psychologen und GFK-Trainers Robert Gonzales beschäftigt sich Christoph in diesem Teisho mit den inneren Schutzstrukturen, die uns davor bewahren sollen, verletzt zu werden und Schmerz zu empfinden. Das Tragische an dieser Überlebensstrategie ist, dass bei dem Versuch, unsere Lebendigkeit und Kreativität zu beschützen, wir uns selbst zurücknehmen und uns nicht mehr erlauben, ganz und gar zu lieben. Wie also entkommen wir dieser Seite in uns, die verteidigt, kämpft und deren primäres Ziel darin besteht, ihre eigene Existenz aufrecht zu erhalten?

Nach eben diesem Weg fragt auch Joshu seinen Lehrer Nansen in Koan 19 des Mumonkan und erhält die Antwort: »Der alltägliche Geist ist der Weg.«
»Soll ich ihn suchen?«, möchte Joshu daraufhin wissen.
»Wenn du ihn suchst, trennst du dich von ihm«, erklärt Nansen.
Eine schwierige Aufgabe also, da wir uns üblicherweise zunächst einmal Wissen verschaffen, um Dinge einzuordnen. Nansen fügt noch an: »Wenn du wirklich den wahren Weg jenseits aller Zweifel erreichst hast, dann wirst du ihn weit und grenzenlos wie das Universum finden.«

Wenn wir diesen unschuldigen Geist in unseren Herzen entfalten möchten, müssen wir unsere Schutzschilde ablegen und wieder werden wie die Kinder. Denn sie begegnen dem Leben mit großer Offenheit und Freude. Doch das geschieht nicht, indem wir unser Ego ignorieren oder wie einen Feind bekämpfen, sondern indem wir erkennen, was das Lebensdienliche in unseren Schutzstrukturen ist. Wenn wir diesen Schatz heben, schließen wir Frieden mit uns und unserer Umwelt. Dann erleben wir das Samadhi des alltäglichen Geistes in all unseren Tätigkeiten. Wir schauen mit der Hand auf unserem Herzen und sehen die Steine, die Berge und die Blumen wie sie sind.

Literatur:
Robert Gonzales: Ein Leben in Mitgefühl, Arbor-Verlag, 2016, ISBN 978-3-86781-167-5

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Z00190 Wenn du bereit bist, wird er kommen. (Sesshin im Kô Getsu An 11.06.2023)

Auf der Suche nach Erleuchtung rennen wir so lange hierhin und dorthin, bis wir plötzlich Buddhaland unter unseren Füßen spüren und feststellen, dass es bereits die ganze Zeit dort war und wir nirgends hätten hingehen müssen. Dann sind wir endlich zuhause und nehmen mit spielerischer Leichtigkeit die Verweilzustände eines Buddha ein, die auch in den fünf Ständen des Tōzan dargestellt sind. Anhand des Koan 43 aus dem Hekiganroku und weiterer Beispiele trägt uns Christoph Rei Ho Hatlapa in diesem Teisho an den Ort, wo weder Hitze noch Kälte herrscht. Doch bis wir selbst im Höllenfeuer die kühle Brise spüren, müssen wir durch unsere tägliche Übung die Stufen des smaragdgrünen Palastes erklimmen, bis wir ihn im hellen Mondlicht erleuchtet leer vorfinden. Wenn wir dann unsere Sinne transzendiert haben und das Ineinander von Absolutem und Phänomenalen durchdringen, können wir mit Tōzan sagen:

Lange gesucht bei anderen, weit entfernt es zu erreichen.
Jetzt, da ich selbst gehe, begegnet es mir überall.
Ich bin es selbst und ich bin es nicht.
Da ich das verstehe, kann ich sein, wie ich bin.

Literatur:
Hôseki Shinichi Hisamatsu: Die fünf Stände von Zen-Meister Tosan Ryokai: Strukturanalyse des Erwachens, Neske, 1980, ISBN 978-3-7885-0231-7 (aktuell nur gebraucht zu erhalten)

Dieses Teisho wurde im Kô Getsu An in Bonn (https://zen-bonn.de) gehalten. Wir danken Johanna Ho Ka Debik und Patrick Ho Kai Damschen für die Tonaufnahme.

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Z00189 Huángbò wirft sich vor einem Buddhabild nieder. (Sesshin im Kô Getsu An 10.06.2023)

Huángbò, der auf Japanisch Ōbaku heißt, war Rinzais Lehrer und gilt als der größte Zenmeister aller Zeiten. Seine Niederwerfungen absolvierte er derart ernsthaft, dass sich davon auf seiner Stirn eine Art Hornhaut bildete. Kein Wunder also, dass ihn in Koan 260 des Shūmon Kattōshū sein Schüler Xuanzong fragt, was denn der Nutzen dieser Niederwerfungen sein soll. “Nichts suchen beim Buddha, nichts suchen beim Dharma, nichts suchen bei der Sangha – so ist das, wie ich immer Niederwerfungen mache”, antwortet Ōbaku. Das versteht Xuanzong genauso wenig wie die meisten Menschen im Westen, die neu zum Zen kommen. Doch je intensiver wir durch die Übungen des Zen die Leerheit erkunden, desto verbundener fühlen wir uns mit allen Wesen. Bis früher oder später die Essenz von Mu zur Richtschur unseres Handels, Denkens und Sprechens wird. Es ist allein die Kraft dieser Quelle, die schließlich die Wirkungen, die wir in den großen Bedingungszusammenhang einbringen, in solche verändert, die heilsam wirken. Wir tun also gut daran, uns im tiefsten Herzen verbunden mit Mu vor dem Buddha niederzuwerfen, so wie Ōbaku es vormacht.

Literatur:
Der Geist des Zen: Die legendären Aussprüche und Ansprachen des Huang-po, übersetzt von Ursula von Mangoldt, O.W. Barth, 4. Auflage, Erweiterte Neuausgabe (14. Februar 2011), ISBN 978-3-426-29194-8

Dieses Teisho hielt Christoph Rei Ho Hatlapa während eines Seshins im Kô Getsu An in Bonn (https://zen-bonn.de). Wir danken Johanna Ho Ka Debik und Patrick Ho Kai Damschen für die Tonaufnahme.

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Z00188 Keine Rechtfertigung. (Pfingst-Sesshin 28.05.2023)

Diese Antwort Jôshûs in Koan 58 des Hekiganroku ist eine echte Herausforderung für unserer Identitätsbewusstsein mit seiner Vorstellung eines Selbst, einer Person und einer Lebensspanne. Ständig hinterfragen wir damit die Umstände des Lebens und möchten die von uns abgetrennte Umwelt gewinnbringend verwerten, indem wir Wälder, Flüsse und Meere rücksichtslos ausbeuten. Keine Rechtfertigung. Das bedeutet, wahrnehmen, ohne zu klassifizieren. Unser persönliches Leid, der Krieg, die Sonne, die Tasse Tee. All das gehört zum großen Netz dazu. Wenn es uns gelingt, uns von unseren falschen Wahrnehmungen zu befreien, stellen wir fest, wie heilsam diese Haltung für unseren Geist, für unsere Mitmenschen und die Umwelt ist. Dann beginnen wir, unser Denken wie ein Bodhisattva zu beherrschen und sind in Verbundenheit da. Dann müssen wir die unendlich große Anzahl der Wesen zum vollständigen endgültigen Nirvana führen, damit sie Befreiung finden können. Und wenn all diese Wesen befreit ist, denken wir nicht, dass auch nur ein einziges Wesen befreit ist. Keine Rechtfertigung.

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Z00187 Sind dir deine Nachkommen egal? (Pfingst-Sesshin 27.05.2023)

Trotz der uns seit Jahrzehnten zur Seite stehenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und der entwickelten Fähigkeiten zur Verhaltensänderung bestimmt weiter der Homo oeconomicus das Weltgeschehen. Er versucht jederzeit, einen persönlichen Vorteil aus seinem Verhalten zu ziehen und setzt auf ein permanent wachsendes Wirtschaftssystem. Doch in einem derart toxischen Umfeld erstickt nicht nur die Erde und ihre Geschöpfe, auch der Homo oeconomicus selbst erkrankt an Körper und Seele und steuert auf den Untergang zu. Daher appelliert Christoph in diesem Teisho an uns, den mitfühlenden Menschen zum Leben zu erwecken. Er betreibt Herzensbildung und erweckt dadurch seine Umgebung. Dazu müssen wir uns von Zeit zu Zeit von der Welt zurückziehen, denn diesen Frieden, der das Verstehen übersteigt, findet die Seele einzig an dem geheimen Ort des Allerhöchsten, wie es Eileen Caddy ausdrückt. Wenn wir das tun, gewinnen wir wahre Einsicht. Zen ist ein Weg, sich mit der Wirklichkeit anzufreunden. Rinzai sagt, es ist nicht notwendig, nach dem außergewöhnlich Wunderbaren zu suchen. Es wird von selbst kommen, wenn wir den Kontakt herstellen in unserer täglichen Praxis.

Literatur:
Eileen Caddy: Herzenstüren öffnen, 48. Auflage 2022, Greuthof-Verlag, ISBN: 978-3-923662-15-9

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Z00186 Ich allein bin heilig im Himmel und auf der Erde. (Pfingst-Sesshin 26.05.2023)

In Koan 57 des Hekiganroku empfiehlt uns Engo, durch die Ausübung von Ki, als der zentralen Lebensenergie, den Gipfel der Erleuchtung zu erlangen. Damit ist die intensive momentane Konzentration von Körper und Geist gemeint, die uns im Laufe der meditativen Praxis mit dem Hier und Jetzt in Kontakt bringt. Einzig unsere Zentrierung, unser Samadhi auf das, was gerade geschieht, lässt uns der Buddhanatur gewahr werden. In der Folge bestimmt die Erkenntnis der untrennbaren Zugehörigkeit alles Existierenden unser Handeln im Umgang mit Mutter Erde und unseren Nächsten.
In ihrem Buch »Herzenstüren öffnen« fragt Eileen Caddy, die Gründerin der Findhorn-Gemeinschaft: »Kannst du wahrheitsgemäß sagen, dass du deine Mitmenschen liebst, dass du dich für sie interessierst, dass du sie schätzt und als deine Familie ansiehst? Oder tolerierst du sie nur gerade und empfindest es als eine wahre Mühe, mit ihnen in Berührung kommen zu müssen?«
Erst wenn wir uns gleichmütig und gelassen in der Ungetrenntheit bewegen, also den Wundergehalt der gesamten Schöpfung zutage fördern, sind wir Meister der Umstände und können mit Joshu sagen: »Ich allein bin heilig zwischen Himmel und Erde.«

Literatur:
Eileen Caddy: Herzenstüren öffnen, 48. Auflage 2022, Greuthof-Verlag, ISBN: 978-3-923662-15-9

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Z00185 Sich unbefangen und vorurteilsfrei im Resonanzfeld des Universums bewegen. (Sesshin 19.03.2023)

Angesichts der auf uns einstürzenden Krisen kann es geschehen, dass wir das Ziel unserer Übung aus den Augen verlieren. Nämlich Meister*in jeglicher Situation und aller Umstände zu sein, wie es Meister Rinzai formuliert. In diesem Teisho beschäftigt sich Christoph Rei Ho Hatlapa anhand eines Abschnitts aus Rinzais Vorträgen mit den Voraussetzungen, die es zu erlangen gilt, damit wir uns frei im Jetzt bewegen können. Dazu müssen wir zuallererst wahre Einsicht und vor allem Selbstvertrauen erlangen, indem wir den Geist aufgeben, der von Moment zu Moment außerhalb herumsucht. Aber auch wenn wir uns nicht mehr in den Fallstricken von Ursache und Wirkung verfangen, gilt es noch, Geburt und Tod zu überwinden. Das alles erreichen wir mit einem Hilfsmittel, das nichts Besonderes ist, verspricht uns Rinzai. Doch warnt er uns auch. Denn wer den lebendigen Buddha nicht jetzt in diesem Augenblick antrifft, der wird als Resultat davon, während er die Gestalt eines Menschen besitzt, in den Geisteszustand eines Esels oder einer Kuh eintreten.

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Z00184 Nicht die Menschen sind unsere Feinde, sondern ihre Irrtümer. (Sesshin 18.03.2023)

Mit dieser Aussage lädt Thích Nhất Hạnh uns ein, unsere Mitmenschen mit offenem Herzen anzuschauen und dabei zu erkennen, dass wir bei aller Unterschiedlichkeit in der Essenz identisch sind. Wir teilen uns die gleiche Wurzel, wie es Fall 40 des Hekiganroku »Nansens – Diese Blume« beschreibt. Doch diese Haltung zu praktizieren, ist eine lebenslange Herausforderung für uns. Denn unser Grundirrtum besteht darin, die mit unseren Sinnen wahrnehmbare Welt von dem zu trennen, was wir selbst sind. Daher sagt Nansen: »Die Menschen von heute sehen diese Blume, als wären sie in einem Traum.« Aber erst wenn der Verstand in seiner Aktivität gestoppt wird und diese hinweggefegt wird, kommt der Eisenbaum zur Blüte und wir können wie Jō Hosshi sagen: »Alle Dinge und ich sind aus dem gleichen Stoff.« Zu dieser welterschütternden Erfahrung verhilft uns Zazen.

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Z00183 Chōka Dōrins »Tue Heilsames, meide Unheilsames und wecke den Geist des Mitgefühls in deinem Herzen.« (Sesshin 26.02.2023)

An Ōi Saidan Roshis Geburtstag erinnert Christoph an seinen japanischen Zenlehrer. Er starb 2018 im Alter von 103 Jahren und war der 83. Rinzai-Patriarch.

In den achtziger Jahren gab Ōi Saidan Roshi der ersten Zendo im Lebensgarten den Namen »Choka«. Dazu luden ihn die in der damals noch unrenovierten Meditationshalle brütenden Rotschwänzchen und die großen Kiefern auf dem Gelände ein, aber auch der Zenmeister Chōka Dōrin (741–824), der in einer Kiefer unter einem Vogelnest lebte. Berühmt ist sein Gespräch mit dem Provinzgouverneur und Dichter Bai Juyi (772-846), das in Koan 225 des Kattōshū festgehalten ist. Darin sagte er zu Chōka Dōrin: »Ist es nicht gefährlich, dort oben zu sitzen?«
Der Meister antwortete: »Du bist in einer weitaus gefährlicheren Lage!«
»Und was ist gefährlich daran, diese Provinz zu führen?«
»Die Leidenschaften brennen, der Verstand ruht nie. Was könnte gefährlicher sein als das?«
Bai Juyi fragte dann: »Was ist die Essenz der Lehre des Buddha?«
»Tue Heilsames, meide Unheilsames und wecke den Geist des Mitgefühls in deinem Herzen.«
Da rief Bai Juyi: »Das weiß jedes Kind!«
»Ja«, antwortete Chōka Dōrin darauf, »jedes Kind hätte dir das sagen können, aber selbst dieser achtzigjährige Mann kann es nicht und muss es jeden Tag aufs Neue üben.«
Bai Juyi verbeugte sich und reiste ab.

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Z00182 Großzügig handeln – ohne ein Konzept von Großzügigkeit zu haben. (Sesshin 25.02.2023)

In diesem Teisho beschäftigt sich Christoph mit dem vierten Abschnitt des Diamant-Sutras und der Praxis einer Freigebigkeit, die sich auf keinerlei Vorstellungen stützt. Bei einer solchen Großzügigkeit geht es weniger um den Austausch von Materie. Vielmehr ist unsere Präsenz das größte Geschenk, das wir machen können. Dabei gehen wir mit unserem Gegenüber eine Herzensverbindung ein und praktizieren wie Avalokiteshvara raumgebendes Zuhören, indem wir beispielsweise die Mittel der gewaltfreien Kommunikation anwenden. Von einer solchen Freigebigkeit sagt der Buddha: Das Glück, das diesem tugendhaften Handeln entspringt, ist so groß wie das Weltall.

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