Z0035 „Frieden im Geist“

1.12.2015\r\nDas Koan zu diesem Vortrag stammt aus dem Kattoshu: „Kenpos drei Krankheitsformen“\r\n\r\nIn diesem ersten Vortrag des Rohatsu-Sesshin 2015 spricht Christoph Rei Ho Hatlapa über die Grundlage des äußeren Friedens, die nach buddhistischer Überzeugung im Frieden im eigenen Geist zu finden ist. Es geht nach dieser Lehre und dieser Praxis darum, den eigenen Geist zu transzendieren – mittels der stillen Meditation – und dadurch zur Wesensgleichheit vorzustoßen. Auf dieser Grundlage kann dann das eigene Mitgefühl sich entwickeln.\r\n\r\nAnhand eines gerade in Steyerberg geübten Theaterstücks zur 30-Jahr-Feier des Lebensgarten Steyerberg berichtet Christoph Hatlapa von den Intentionen der Gründer dieser Gemeinschaft, die mit ihren Visionen und ihrer spirituellen Praxis – über den Zeitraum von inzwischen dreißig Jahren – zu einem Wandel in der Haltung der lokalen Bevölkerung und auch der Verwaltung beitragen konnten. So manifestiert sich auf der äußeren Ebene der Zustand des Friedens im geistigen Bereich, in dem Bereich also, in dem wir alle etwas tun können, indem wir selber uns auf die Übung einlassen.

Z0034 „Welcher Melodie folgst Du?“

24.10.2015\r\nAus dem Rinzai Roku.\r\n\r\nChristoph Rei Ho Hatlapa spricht anlässlich einer Laienordination über den Stil der Schulung im Rinzai Zen, ein Stil, der vielen Menschen zunächst als rauh und wenig „spirituell“ erscheinen mag.\r\n\r\nAuch der junge Mönch Rinzai (chin.: Lin-chi I-hsüan; † 866) selber, der später als Meister unsere Traditionslinie begründete, versteht zunächst die „Erklärungen“ seines Lehrers Obaku (chin.: Huang-po) nicht und verlässt ihn. Nachdem er bei Ta-yü (chin.: Daigu) angekommen ist, wird er von diesem auf die großmütterliche Freundlichkeit hingewiesen, die in den Schlägen seines Lehrers verborgen war. Rinzai erlangt damit eine erste Einsicht.\r\n\r\nDer Meister Umon drückte es so aus: „Die Stimme hören und den Weg erkennen. Die Form sehen und den Geist verstehen.“ Wir hören und sehen den Dharma – das Gesetz des Großen Lebens – von allen Seiten. Und was immer wir hören und an Formen sehen, alles sind Botschafter des Essentiellen. Wenn wir mit dem geöffnetem inneren Auge sehen.\r\n\r\nWie es im Surangama- und im Lotos-Sutra heißt: Wenn wir dem Klang der eigenen Melodie zuhören können, dann kann das zur Befreiung führen. Und jeder von uns kann sich darin üben, seine volle Präsenz einem anderen Menschen zu schenken und damit auch diesem Anderen zu ermöglichen, dem Klang seiner eigenen Stimme zuzuhören.

Z0033 „Heilsamer Umgang mit Ärger & Schuldgefühlen“

23.10.2015\r\nKattoshu, Fall Nr. 45: Sowohl Körper als auch Geist wegwerfen\r\n\r\nChristoph Rei Ho Hatlapa erläutert, wie wir mittels Methoden aus der Gewaltfreien Kommunikation, einer Anwendung der „Rechten Rede“, uns selber auf die Schliche kommen können, wenn wir in Ärgergedanken oder in Selbstvorwürfen feststecken.\r\nObaku Kiun (chin.: Huang-po Hsi-yün; † 850), der Lehrer von Meister Rinzai (chin.: Lin-chi I-hsüan; † 866), sagt: „Die meisten Leute sind nicht gewillt, ihren Geist zu leeren[…]. Die Unklugen beseitigen Dinge, aber nicht Gedanken. Die Weisen beseitigen Gedanken aber nicht die Dinge. Bodhisattvas haben einen Geist wie leerer Raum. Sie haben keine Anhaftungen[…].“\r\n\r\nWenn man Meister Obaku so hört — „Alles muss weggeworfen werden, Innen und Außen“ — dann hat man den Eindruck, er verlangt etwas ganz Unmögliches von uns. Wir identifizieren uns mit unserem Körper und unserer Vergangenheit, mit unserer Geschichte und unseren Gedanken. Loslassen fällt uns naturgemäß schwer.\r\n\r\nMeister Obaku sagt weiter: „Jedoch gibt es drei Grade von »Aufgeben«: Großes Aufgeben liegt vor, wenn Innen und Außen, Körper und Geist, weggeworfen sind und sie, wie leerer Raum, keinen Platz für Anhaftung haben. Danach folgt man der Situation und reagiert auf die Umstände, sowohl Subjekt als auch Objekt vergessend. Mittelmäßiges Aufgeben liegt vor, wenn man dem WEG folgt, tugendhaft handelt und selbstlos, ohne einen Gedanken an Vorteil, gibt. Geringfügiges Aufgeben liegt vor, wenn man alle möglichen guten Taten ausführt, nur um Verdienste zu erwerben, aber solche Anhaftungen aufgibt, nachdem man vom Dharma gehört hat, und realisiert, dass alles leer ist.“\r\n\r\nWir halten aber häufig an den Umständen, Verhältnissen und Sachen, die uns stören, fest und versuchen, die äußeren Angelegenheiten zu verändern. Wir machen unser Glück — und unser Unglück — vom Verhalten der Personen um uns herum abhängig. Es ist aber unser eigener Geist, an dem wir anknüpfen, und wo wir weiterkommen können. Wenn wir unseren Ärger-Automatismus und unser Schuld-Denken abwerfen können, dann kann unsere Buddhanatur uns entgegenwachsen. Und dann können wir auch unsere Lebendigkeit unbefangen ausdrücken.

Z0032 „Gehen mit nackten Füßen“

Christoph Rei Ho Hatlapa spricht in diesem Zen-Vortrag über die Frage, mit welcher Haltung wir über unsere Bedürfnisse denken. In der Koansammlung Kattoshu, Fall Nr. 108, unter dem Titel „Die im Gewand eingewickelten Strohsandalen“, fragt ein Mönch den Meister Tozu Hoshu: „Was ist deine Übungsform?“ Hoshu erwidert darauf: „Ich wickle meine Strohsandalen in mein Kesa (Gewand) ein.“ Der Mönch fragte: „Was bedeutet das?“ Hoshu antwortete: „Ich gehe mit meinen nackten Füßen hinab nach Tongshen“.\r\n\r\nChristoph Hatlapa erzählt dazu von der Praxis des Takuhatsu, des rituellen sogenannten „Bettelns“ in Japan, dass dort allerdings ganz anders verstanden wird, als wir es üblicherweise gewohnt sind. In dieser klösterlichen Tradition wird auch mit den Gebrauchsgegenständen des Alltags ungewöhnlich sorgsam umgegangen.\r\n\r\nDas „Gehen mit nackten Füßen“ als Übung und als grundsätzliche Haltung erläutert Christoph Hatlapa anhand der Gewohnheit eines kanadischen Wildnislehrers, der mit nackten Füßen in den Wald geht. Und er weist darauf hin, dass wir durch ein bewusstes Erleben dieser Zusammenhänge – und durch deren Übung – unsere Verbindung mit der Welt bewusster gestalten können.

Z0031 „Der Weg des Nichtwissens“

26.9.2015\r\nMumonkan Nr. 26\r\n\r\nChristoph Rei Ho Hatlapa thematisiert in diesem Zen-Vortrag, anhand des Koans Nr. 26 aus der Sammlung Mumonkan, den sogenannten „Weg des Nichtwissens“: „Ein heiliger Weg, ein mutiger Weg, manchmal auch ein unangenehmer Weg…“. Der „akademisch“ gelehrte Mönch Hogen, der im Koan als der Fragesteller vorkommt, muss erst seine gesamte Gelehrsamkeit und seine intellektuellen Konzepte loslassen, bevor er zu einer wirklichen Einsicht kommen kann und damit erkennt: „Jedes Ding zeigt sich von selbst“.\r\n\r\nUnd Christoph Hatlapa weist uns darauf hin: Auch die „Nichtfühlenden Dinge“ können in gewisser Weise zu uns sprechen. Wir erfahren etwas über die Wirklichkeit, indem wir uns auf sie einlassen. Jenseits unserer Konzepte. Wirklich erfahrbar ist das Leben nur, wenn wir nicht urteilen. Wenn wir wirklich in einem konzeptlosem Kontakt mit der Welt sind, dann zeigt sich alles, was dabei geschieht, als das Leben selbst – und das kann dann unser Leben heiligen. Dann ist, jenseits von Gewinnen und Verlieren, nichts verkehrt. Und wir wollen dann nichts richtig machen, wir wollen nichts falsch machen, wir wollen nicht gut sein, wir wollen nicht schlecht sein – wir wollen einfach in Kontakt kommen mit dem großen Leben.

Z0030 „Die Wahl zwischen Himmel und Hölle“

10.7.2015\r\nKattoshu Nr. 13: Langzhongs Hölle \r\n\r\nAuf die Frage eines Mönches, ob auch erleuchtete Meister in die Hölle geraten können, antwortet Joshu: „Sie sind als erste dort, um den anderen zu helfen…“.\r\n\r\nWir neigen leicht dazu, mit Hilfe von dualistischen Konzepten die Welt in „Himmel“ und „Hölle“ einzuteilen. Tatsächlich haben wir immer, so betont Christoph Rei Ho Hatlapa in diesem Vortrag, die Wahl: Nicht nur im oft harten Zen-Training in Japan, auch in unserem Alltagsleben, ist es oft genug die eigene Entscheidung, die die Situation, in der wir sind, in die eine oder andere Richtung lenkt. Wir sind zwar auch unterstützungsbedürftige Wesen, haben aber öfter als wir meinen, die Wahl, ob wir die Höllendramatik, in der wir uns sehen, umwandeln möchten oder nicht.\r\n\r\nAuch von unserem Lehrer, oder besser, von unserem Kalyanamitra (skr.: Spiritueller Freund, Mentor) werden wir immer wieder daran erinnert, dass wir die Wahl haben. Und auch die schwierigen Erfahrungen, in die wir gestellt sind, können dann zu einem Wachstumsbereich werden, der letztendlich ein Segen für uns ist.

Z0029 „Den Raum für Erfahrungen schaffen“

9.7.2015\r\nKattoshu Fall 93 (101): Baizhangs neues Reisfeld\r\n\r\nBaizhang Wezheng, er lebte im 8./9. Jahrhundert, wurde von seinen Mönchen gebeten, die „Große Sache“, also die „Leerheit“, Wu oder Mu, zu erklären. Er schickte sie zunächst ein neues Reisfeld anzulegen. Als das erledigt war, machte er Anstalten einen Vortrag zu halten, öffnete aber einfach nur die Arme…\r\n\r\nChristoph Rei Ho Hatlapa erläutert in diesem Vortrag, wie die Einsicht in das „Große Prinzip“ eigene Erfahrungen und eigene innere Prozesse voraussetzt. Sich leer machen, in sich ausräumen und ausmisten sind Grundvoraussetzungen, um das zu erfahren, was im Zen mit „Mu“ ausgedrückt wird. Wenn wir das ein Stück weit geschafft haben, gelingt es uns vielleicht, dem Wirken von „Mu“ in der Stille beizuwohnen.\r\n\r\nDie bloße Erklärung lässt das eigentliche Subjekt außen vor. Das Essentielle können wir erfahren und erleben, aber nicht mit Worten erklären.

Z0028 „Zen-Praxis in unsicheren Zeiten“

8.7.2015\r\nHekiganroku Koan Fall Nr. 35: Manjushris Dreierlei und Dreierlei\r\n\r\nIn diesem Koan wird eine Begegnung des historischen Mönches Muchaku mit dem legendären „transzendenten“ Bodhisattva Manjushri auf einem der heiligen Berge im China zum Ende der Tang-Zeit. Die damalige Zeit war geprägt von politischen Wirren und der Mönch hatte auch eine der großen Buddhistenverfolgungen miterleben müssen. Er stellt sich die Frage, was wohl aus dem, was ihm am Herzen liegt, werden mag, in solch unsicheren Zeiten.\r\n\r\nAnhand einer anderen Erzählung über eine kleine Gruppe von Mönchen, die sich in ihrem Verhalten verändern, nachdem ihnen nachgesagt wurde, dass aus ihrer Mitte Maitreya hervorgeht, wird deutlich, wie sich unsere Erwartungen sowohl negativ als auch konstruktiv auswirken können. Was wir jedenfalls beeinflussen können, ist erstens einmal unser eigenes Herz und dann unsere unmittelbare Umgebung. Und darauf können wir uns konzentrieren.

Z0027 „Einen eigenen Beitrag leisten“

7.7.2015\r\nShoyoroku Koan Fall Nr. 73: Sosan erfüllt die Sohnespflicht\r\n\r\nIm Koan begegnet uns Sosan, einer der Begründer der Soto-Schule des Zen-Budhismus.\r\nDie Metapher „die Sohnes- (oder Kindes-) Pflicht erfüllen“ steht im Zen für das Erlangen des ersten Ziels des Übungsweges: Die eigene Einsicht und das eigene Erwachen. \r\nDer Umgang mit der eigenen Herkunft, den Vorfahren, dem eigenen Land und so weiter, fällt uns oft schwer. Christoph Hatlapa erzählt aus seiner eigenen Lebensgeschichte und aus den Traditionen der indigenen Stämme Amerikas und erläutert, wie unterschiedlich das „Andocken“ des Einzelnen an seine Herkunft jeweils verstanden werden kann. Mit der Verbindung zu den Vorfahren ist aber oft wiederum auch ein Verhältnis zu den eigenen Nachkommen und der Perspektive der Folgen der eigenen Entscheidungen und Handlungen für die Nachwelt verbunden.\r\n\r\nMit dem Hinter-uns-lassen der eigenen Illusionen „beerdigen“ wir all das, mit dem wir uns zuvor identifizierten und öffnen uns für die eigentlichen Einsichten. Aber damit sind wir – nach der Zen-Tradition – erst auf dem halben Wege. Danach können wir unsere frei gewordenen Energien, im Hier & Jetzt zu handeln, selber betätigen. Und, wie wir im Zen sagen, „auf den Marktplatz“ gehen. Ohne „besonders“ sein zu wollen, leisten wir dann einen eigenen Beitrag zu einer heilsamen Entwicklung unserer Welt. Und die „große Freiheit“, die wir dann haben, drückt Sosan in einer Metapher aus, wenn er sagt, er liebe es, „sich vollständig zu besaufen“…\r\n\r\nDenn dann, wenn wir den „Großen Tod“ gestorben sind, dann haben wir Grund zu feiern!

Z0026 „Jenseits von »Hitze und Kälte«“

6.7.2015\r\nJenseits von „Hitze und Kälte“\r\nHekiganroku, Beispiel 43\r\n\r\nEin Mönch fragte Tozan: „Kälte und Hitze überfallen uns. Wie können wir ihnen entgehen?“ Tozan sagte: „Geh\’ dorthin, wo es weder Hitze noch Kälte gibt!“ Der Mönch fragte: „Wo ist aber dieser Ort, wo es weder Hitze noch Kälte gibt?“ Tozan antwortete: „Wenn es kalt ist, friere so, dass es dich vollständig tötet, wenn es heiß ist, lass dich von der Hitze zu Tode kochen!“\r\n\r\nAuf dieses Koan wurde vom japanischen Zen-Meister Kaisen Joki angespielt, als er in seinem brennenden Kloster dem Tod entgegensah. Ende des 16. Jahrhunderts wurde der Zen-Tempel „Erinji“ mitsamt den Mönchen darin vom machtgierigen General Nobunaga niedergebrannt, weil die Mönche einen Gegner des Generals beerdigt hatten. Wie es heißt, starb der Zen-Meister Kaisen Joki (1500 – 1582) in den Flammen, indem er aus dem Hekiganroku zitierte und seinen Mönchen sagte, wer im tiefen Samadhi verweile, für den wehe auch im Feuer noch eine kühle Brise.\r\n\r\nIn den Flammen, auf dem Scheiterhaufen, starb auch, heute vor 600 Jahren, der christlicher Theologe und Reformator Jan Hus (1369 – 1415), der, 100 Jahre vor Luther, die nach ihm benannte Bewegung der Hussiten auslöste. Jan Hus, so Christoph Hatlapa, trat für die Gewissensfreiheit und für den Dienst an der Wahrheit ein und stand auch – bis zum Schluß – zu seinem Wort.\r\n\r\nUnd auch in unserem Leben können wir vor Situationen gestellt werden, wo wir vor der Frage stehen, ob wir bei unserer Wahrheit bleiben können, auch wenn es brenzlig wird…\r\n\r\nDie Frage, wie wir selber mit unseren ethischen Grundsätzen umgehen, kann etwa dann akut werden, wenn wir mit ungerechtfertigten Vorurteilen gegen uns konfrontiert werden und deswegen auch mit sehr unangenehmen Konsequenzen rechnen müssen. Dann stellt sich die Frage, ob wir mit dem Ort „in uns“, mit unserer inneren Wahrheit, verbunden sind, die uns durch die Anfeindungen und das „Feuer“ hindurch tragen kann. Und manchmal, so Christoph Hatlapa, hilft es ja wirklich, wenn es heiß wird und wir glauben, es wird unerträglich, dass wir dann „an diesen Ort gehen, wo Hitze und Kälte nicht mehr den Geist beherrschen“.